Teil 16 - Shanghai, China
Teil 16 - Shanghai
Der Blick aus dem Fenster am Morgen war zwar nicht ganz so bunt wie am Abend zuvor, aber nicht weniger reizvoll. An diesem Morgen ragte die Spitze des 632 m hohen Shanghai Towers bis in die Wolken.
Mit manchen Gewohnheiten soll man nicht brechen. Wie die letzten beiden Wochen auf dem Schiff, begannen wir daher auch hier den Morgen erst einmal mit einem ausgiebigen Frühstück.
Die Auswahl des stilvoll präsentierten Buffets war sehr gut. Von westlichen Cerealien über individuell zubereite Eierspeisen bis zu asiatischen Leckereien war alles vorhanden.
Für diesen Tag hatten wir über Jennysshanghaitours.com eine private Stadtführung gebucht. Hierfür holte uns Susie, unsere Reiseführerin für den Tag, gleich nach dem Frühstück in der Lobby unseres Hotels ab.
Susie erklärte uns in gutem Englisch, dass sie uns zuerst zum Yuyuan-Garden führen würde, der sich in Shanghai Old Town, auch "Chenghuangmiao" genannt, befand. Dorthin konnten wir von unserem Hotel zu Fuß gehen. Susie nutzte diesen Spaziergang dazu, uns schon einmal ein paar allgemeine Dinge zu erklären. So vergingen die 10 Minuten Weg wie im Fluge und wir standen bald vor einem großen Tor, das den Eingang zu diesem Viertel bildete.
"Wächter" vor den Geschäften und große Gebäude im chinesischen Baustil machten erst den Anfang der anderen Welt, die man hier betrat.
Kaum waren wir um eine Ecke gebogen, waren wir in die Yuyuan Old Street eingetaucht, in der sich Restaurants, Kunsthandwerker, Teehäuser und Souvenirgeschäfte dicht aneinander reihten.
An einem der Straßenverkäufe fiel uns eine lange Schlange auf, von der wir ahnten, dass sie ein Zeichen guten Essens sein musste. Susie bestätigte uns, dass es sich um ein sehr beliebtes Geschäft für Soup-Dumplings handelte. Da wir ja aber gerade erst gefrühstückt hatten, konnten wir der Versuchung widerstehen, uns in die Schlange einzureihen….
Ein paar Schritte weiter kamen wir an einem Geschäft vorbei, in dem ein beliebter Joghurt-Drink und kandierte Früchte verkauft wurden. Auch dies schien ein beliebter Imbiss zu sein, denn Geschäfte mit solchen Gläsern und qualmendem Trockeneis sollten wir auf unserem Weg noch oft sehen.
Eine Ecke weiter fanden wir uns auf einem größeren Platz wieder, dem Yuyan Garden Market unweit des Eingangs zu den Gärten.
Von diesem Platz konnte man die lange Jiu Qu-Brücke betreten, die mit ihren 9 Biegungen am Huxing Ting-Teehaus vorbeiführte. Dieses malerische Gebäude ist das älteste Teehaus der Stadt und liegt inmitten eines Teichs mit Lotusblumen. Es lässt sich nur über die Zickzackbrücke erreichen, denn die soll böse Geister abhalten. Nach chinesischem Glauben gehen Geister nur geradeaus.
Am Ende der Brücke erreichten wir den Yu-Garten.
Dieser Garten, eigentlich ein Komplex aus mehreren, wunderschönen Gartenanlagen, wurde in der Ming- Dynastie im Jahr 1559 von dem kaiserlichen Beamten Pan Yunduan als Privatgarten für seine Eltern erbaut.
Ein Labyrinth aus Wegen und verschiedenen Hallen führte uns durch diesen malerischen und ruhigen Ort.
Doch die Gärten waren nicht die einzige Attraktion. Wo man auch hinsah, wachten Statuen über die Pflanzen und Drachen flogen auf den wellenförmigen Mauern um das Gelände.
Manche der 400 Jahre alten Hallen und Häuser konnte man auch innen besichtigen.
Und selbst die Dächer boten eine Vielfalt an kunstvollen Details.
Nachdem wir die die Schönheit und Ruhe der Gärten genossen hatten, führte unser Weg zunächst noch ein Stück durch die Altstadt zurück und im Anschluss, wie als Kontrastprogramm, entlang einiger Hauptstraßen. Dabei mussten wir immer aufpassen, nicht von einem der unzähligen Motorscooter erwischt zu werden – die konnte man nämlich kaum hören, da aufgrund der hohen Luftverschmutzung nur noch Elektroroller auf den Straßen erlaubt sind.
Bald bogen wir wieder in eine kleinere Straße ab, von der Susie uns erklärte, dass es sich um eines der ältesten Wohngebiete Shanghais handelte. Kleine Läden waren hier Arbeitsplatz und Wohnstätte gleichzeitig.
In der Straße abgestellte Motorräder dienten offenbar als Arbeitsgerät und Schlafplatz in einem …
Susie entging es offenbar nicht, dass uns die Wäschelogistik beeindruckte und kommentierte, dass hier automatisch jeder die Farbe der Unterwäsche seiner Nachbarn kennen würde.
Nach etwa 15 Minuten erreichten wir unser nächstes Ziel und standen vor dem Konfuzius-Tempel.
„Wenmiao“, wie der Konfuzius-Tempel auf Chinesisch heißt, wurde Mitte des 13. Jahrhunderts in der Song Dynastie erbaut. Hier studierten die Gelehrten für die Beamtenprüfungen und Lehrer unterrichteten ihre Schüler.
Wie wir es bereits an den Schreinen in Japan gesehen hatten, konnten auch hier die Gläubigen ihre Wünsche im Tempel hinterlassen.
Für die Führung durch den Tempel hatte Susie uns in die Obhut einer jungen Tempelführerin gegeben, die uns nun die Bedeutung und Funktion der einzelnen Gebäude erklärte.
Zum Abschluss unseres Besuchs wurden wir noch gefragt, ob wir an einer Teeprobe teilnehmen wollten. Dieses Angebot nahmen wir gerne an und erfuhren dabei einiges über die Zubereitung von Tees. Außerdem konnten wir verschiedene Sorten probieren, die alle ihre eigenen Heilwirkungen hatten.
Ein Tee schmeckte uns so gut, dass wir uns eine Dose davon als Andenken kauften. Wir trinken ihn heute noch sehr gern und freuen uns dabei über die schönen Erinnerungen an den Tempel in Shanghai.
Nach dieser Besichtigung folgten wir der Gasse vor dem Tempel noch ein Stückchen weiter. Dabei kamen wir an einem Laden vorbei, an dem Susie uns eine ihrer bevorzugten lokalen Süßigkeiten zum Probieren kaufte.
Mittlerweile war es Zeit, ans Mittagessen zu denken. Susie stellte uns zur Auswahl, ob wir in einem westlichen Restaurant oder in einem bei Einheimischen sehr beliebten Lokal einkehren wollten. Welch eine Frage… das asiatische Lokal war uns natürlich viel lieber.
Angesichts der Speisekarte, die hinter der Kasse aushing, waren wir froh, eine Übersetzerin dabei zu haben. Wir bestellten, bezahlten und warteten dann am Tisch auf unser Essen – köstliche Bratnudeln und Soup Dumplings.
Nach dem Mittagessen nahmen wir die U-Bahn und fuhren nach nach Xintiandi, dem ehemaligen französischem Viertel, wo wir den U-Bahnhof in einer verkehrsberuhigten Allee verließen. Rechts und links säumten Cafés und moderne Boutiquen die Straße.
In einer kleinen Seitenstraße zeigte Susie uns einen Teil, in dem man traditionelle Shikumen-Häuser renoviert hatte.
In den 1860er Jahren hatten diese Häuser 60% des Wohnraums in Shanghai ausgemacht, bevor sich der Trend zu den riesigen Wohnkomplexen gewandelt hatte. Hier versucht man nun, die alte Art des Wohnens wieder aufleben zu lassen.
Im Anschluss erreichten wir den Teil von Xintiandi, der von Fußgängerzonen mit Restaurants, Cafés und modernen Boutiquen geprägt war.
Dieses Viertel war offenbar sehr angesagt. Die Shanghai Fashion Week fand nur einen Steinwurf davon entfernt statt, und deren teilweise etwas exzentrischen Besucher schien es hier wohl auch zu gefallen.
Die sauberen, modernen Straßenzüge mit ihren Lokalen und Geschäften gefielen uns zwar gut, sie waren in ihrer vertrauten, westlichen Erscheinung aber auch wenig besonders. Die Bilder hätten ebensogut in Frankfurt, Paris oder London entstehen können - wir hatten einfach nicht das Gefühl, noch in an einem entfernten und exotischen Ort wie Shanghai zu sein.
Da es angefangen hatte, leicht zu regnen, rief Susie uns über Didi, was in Shanghai Uber ersetzt hat, einen Wagen. Durch lange Tunnel fuhren wir unter dem Fluss hindurch in die Wirtschaftszone Pudong. Hier stand ein architektonisch faszinierendes Hochhaus dicht neben dem anderen.
Die Erschließung Pudongs begann im Jahre 1990. In nur etwa zwanzig Jahren hatte sich Pudong in eine der geschäftigsten und wohlhabendsten Gegenden der Welt entwickelt und in einigen der höchsten Wolkenkratzer der Welt mischt man kräftig im Welthandel und in der Finanzwelt mit.
Wir betraten das 492 m hohen Shanghai World Financial Center, das aufgrund seiner Öffnung in der Spitze auch "Flaschenöffner" genannt wird. Bei der Öffnung befindet sich eine Aussichtsplattform, die wir besuchen wollten.
Susie zeigte ihren Guide-Ausweis vor und führte uns damit vorbei an den Schlangen der wartenden Besucher. So dauerte es nicht lange, bis wir mit den extrem schnellen Aufzügen in die Höhe sausten und bald aus 474 m Höhe vom Observation Deck auf Shanghai hinunterschauten.
Als wir von hier oben auf den prächtigen, pagodenartigen Bau des etwas kleineren Xin Mao Towers hinuntersahen, fiel uns bei den oberen Stockwerken eine Bewegung auf.
Susie sagte, wir sollten einmal genauer hinsehen, woraufhin wir erkannten, dass dort Menschen entlang des Gebäudes liefen.
Mit einem Gurt gesichert können sich Besucher in 341 m Höhe auf einem 60 Meter langen und nur 1,20 Meter breiten Glassteg frei bewegen, um einen guten Blick auf die Millionenstadt zu bekommen. Ein Spaziergang mit besonderem Kick.
Obwohl mich das schon sehr gereizt hätte, waren wir bei dem leicht regnerischen Wetter froh, durch die Glaswände vom Wind geschützt zu sein.
Als am Horizont langsam der Einbruch der Dämmerung in Form eines goldenen Streifens sichtbar wurde, verließen wir die Plattform.
Ein paar Stockwerke tiefer befanden sich ein Café und Souvenirläden... und natürlich auch Toiletten. Es muss sich wohl um eine der meist fotografierten Toiletten der Welt handeln, denn viele Gäste kamen schmunzelnd mit einem Blick auf ihr Telefon heraus. Toilette mit Ausblick...
Auf erhöhten Fußgängertrassen gingen wir ein Stück zwischen den Hochhäusern hindurch in Richtung des Ufers des Huangpu-Flusses.
Vor einigen neuen Hochhäusern wurden wir von Vertretern angesprochen und zur Besichtigung einer der wahrscheinlich Millionen teuren Wohnungen eingeladen. Wir lehnten dankend ab und scherzten, dass wir erst einmal unser Penthouse in New York abbezahlen mussten.
Mit der Fähre setzten wir über den Fluss und freuten uns dabei über das schöne Abendlicht, das sich auf den riesigen Glasflächen der Hochhäuser widerspiegelte.
Die Anlegestelle der Fähre war genau gegenüber von unserem Hotel, somit hatten wir es nicht mehr weit. Wir bedankten uns herzlich bei Susie, die uns in nur einem Tag viele Facetten von Shanghai gezeigt und dadurch den Tag mit vielen unterschiedlichen und unvergesslichen Eindrücken gefüllt hatte.
Wir kamen gerade rechtzeitig, um in der Lobby des Hotels einen Drink mitnehmen zu können.
Mit dem Glas in der Hand zogen wir uns in unsere Suite zurück und genossen, nach der schnell herein gebrochenen Dunkelheit, den Ausblick vom Logenplatz unseres Sofas.
Selbstverständlich surften wir auch ein wenig im Internet. Das war jedoch nur eingeschränkt möglich, denn in China ist der Zugang auf viele Seiten wie Facebook oder auch Google blockiert.
Nach einer wohlverdienten Pause zogen wir noch einmal los. Kaum waren wir draußen, fing es wieder an zu regnen. Es dauerte nicht lange und schon flitzten Verkäufer auf Elektrorollern zu den in Eingängen Schutz suchenden und boten Schirme zum Kauf an.
Wir gingen noch einmal in die Nanjing Road und bummelten entlang der vielen Geschäfte und Kaufhäuser. In einer Food Mall fanden wir ein Restaurant und gönnten uns dort eine Stärkung.
Den Rückweg entlang des Bund nutzten wir noch einmal dazu, die bunten Lichter Pudongs aufzusaugen. Es ist schon eine einzigartige Skyline!
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