Teil 9 - Belfast, Nordirland
Teil 9 - Belfast, Nordirland
Mit ein wenig Verspätung legten wir am Morgen in Belfast an.
Genau gegenüber von unserer Kabine befand sich das Thompson Graving Dock, auch Titanic Dock genannt. Seinerzeit war es das größte je gebaute Trockendock und speziell für die Olympic-Schiffe (Olympic, Titanic und Britannic) errichtet worden. Die Schiffe waren nach dem Stapellauf in der nebenan gelegenen Harland & Wolff-Werft in diesem Dock ausgestattet und komplettiert worden.
Damals hatte das Dock, so wie auch die Schiffe, alle bekannten Dimensionen gesprengt, heute würde nicht einmal mehr unsere Eclipse hinein passen.
Vor dem Dock erinnert die Replika eines Teils des Titanic-Schiffsrumpfs an das wohl berühmteste Schiff der Olympic-Klasse, welches hier vor mittlerweile mehr als einem Jahrhundert seinen letzten Schliff bekam.
Vieles in der Stadt Belfast erinnert an die mit Unglück behaftete Titanic und ihre Schwestern. Hinter uns war der moderne Bau des „Titanic Belfast“ zu sehen und das ganze Viertel wird Titanic Quarter genannt. „Titanic Belfast“ ist eine Art Titanic-Museum, in dem der Besucher mittels modernster Technik in die damalige Zeit zurück versetzt wird.
„Titanic Belfast“ steht auf dem Gelände der damaligen Baudocks. Die Freiflächen vor dem Gebäude, die Titanic Slipways, waren Ort der Entstehung der damals gigantischen Schiffe und die Rampen des Stapellaufs. Die heute aufgestellten Lichtsäulen repräsentieren die Pfosten der damaligen Krananlage. „Titanic Belfast“ bietet sicherlich ein sehr interessantes Erlebnis.
Wir hatten an dem Tag jedoch andere Ziele. Wie vorher per E-Mail vereinbart, rief ich nach dem Anlegen die Enterprise-Autovermietung an, die eine Abholung vom Hafen anbot. Die freundliche Stimme am anderen Ende der Leitung teilte mir zu meiner Freude mit, dass am Ausgang des Schiffs bereits eine Mitarbeiterin mit unserem Wagen auf uns warten würde – das nenne ich Service.
In der Tat… als wir kurz darauf von Bord gingen, trafen wir keine 10 m hinter der Gangway auf die Dame an einem kleinen mobilen Podest mit dem Firmenlogo. Die Formalitäten waren schnell erledigt und wir konnten schnell unseren Wagen besteigen, der direkt neben dem Schiff geparkt war.
Unser erstes Ziel war der Giant´s Causeway nördlich von Belfast, welches wir in ca. 90 Minuten erreichten.
Wir parkten auf dem Parkplatz vor dem Besucherzentrum und kauften 4 Tickets für je 9 Pfund. Leider erfuhren wir erst danach, dass der Giant´s Causeway selbst kostenlos gewesen wäre und das Ticket nur für das Parken und für die Ausstellungen und Lehrtafeln im Besucherzentrum benötigt wurde. Wir hätten also für das Parken alleine keine 4 Tickets benötigt. Egal, beim nächsten Mal wissen wir es…
Von der Anhöhe folgten wir einem Weg, der hinab zur Küste führte. Für wenig Geld wurde weniger mobilen Besucher die Möglichkeit geboten, einen kleinen Bus zu nehmen. Uns gefiel es jedoch, den Küstenwind im Gesicht zu spüren und die Aussicht beim Hinablaufen zu genießen.
Die eigentliche Attraktion des Giant´s Causeways sind etwa 40.000 gleichmäßig geformten Basaltsäulen, die ein Alter von etwa 60 Millionen Jahren aufweisen. Viele der Säulen haben einen sechseckigen Querschnitt, es treten jedoch auch Säulen mit vier, fünf, sieben oder acht Ecken auf.
Den Namen (Straße der Riesen) trägt der Giant´s Causeway aufgrund einer irischen Legende. Der irische Riese Finn soll von einem schottischen Riesen so beleidigt worden sein, dass er diesen in einem Duell besiegen wollte. Erzürnt soll er riesige Felsen aus den Klippen der Küste gerissen und sie in das Meer gerammt haben, um sich einen Weg nach Schottland zu bauen.
Ob nun von Riesen oder von erkalteter Lava geformt, die Landschaft vor uns war einzigartig. Besonders schön anzusehen fanden wir die bunten Farbkleckse der Blumen, die sich zwischen den ansonsten grauen, mit Flechten bedeckten Steinsäulen angesiedelt hatten.
Nachdem wir uns von den faszinierenden Steinformationen losgerissen hatten, folgten wir einem Wanderpfad weiter entlang der Küste.
Bereits aus der Ferne waren an der steilen Klippe einige Säulen zu erkennen, die wie aneinander gereihte Orgelpfeifen erschienen. Der Punkt ist daher auch als „Die Orgel“ bekannt.
Leider fing es nun an zu regnen. Wir beschlossen daher einen hier abzweigenden Pfad zu nehmen, der wieder auf die Klippe hinauf führte. Da dieser heute mit Treppenstufen ausgebaute Pfad offenbar früher von den Schäfern benutzt wurde, heißt er auch „Shepherd Steps“.
Oben auf der Klippe pfiff uns der Wind um die Ohren und peitschte den Regen vor sich her. Das gab der Szenerie irgendwie noch etwas dramatisches.
Entlang des Weges leuchteten selbst jetzt bei Regenwetter die vielen Stechginsterbüsche in kräftigem Gelb und bildeten einen schönen Kontrast zum satten Grün der umliegenden Weiden.
Aufgrund des stärker werdenden Regens entschieden wir uns gegen eine Weiterfahrt zur Hängebrücke bei Carrick-a-Rede, welche wir noch als weiteren Punkt lose ins Auge gefasst hatten. Stattdessen fuhren wir ein Stück zurück nach Bushmills, wo wir uns in der Bushmills Distillery aufwärmen wollten.
Die Bushmills Distillery ist die älteste Destillerie Irlands. Seit 1608 wird hier der goldene Saft aus Getreide gebrannt. Für unsere Mitfahrer war der Besuch eine Hommage an ihre frühen Reisetage, denn sie waren bereits vor 30 Jahren schon einmal hier.
Im kleinen Selbstbedienungsrestaurant aßen wir typisch irische Gerichte wie Shepherd´s Pie und wärmten uns nach dem Regen auch von innen ein wenig auf. Zum Nachtisch gab es Schokomuffins mit einer kleinen Spritze Bushmills Whiskey.
Wir verzichteten auf die Führung durch die Produktionshallen der Brennerei, in deren Rahmen auch eine Whiskeyprobe enthalten war. Ohne die Führung konnte man an der Theke leider keinen Whiskey bestellen. Dafür nutzten wir die Möglichkeit, aus den angebotenen Sorten 3 auszuwählen, die wir in kleinen Becherchen probieren konnten.
Der Weg zurück zum Parkplatz führte durch den Shop der Destillerie, in der man neben Kleidung, Süßigkeiten und weiteren Souvenirs natürlich auch den hier produzierten Whiskey erstehen konnte. Die Auswahl daran war groß und man konnte sich sogar Flaschen mit personalisierten Labels machen lassen.
Die Rückfahrt nach Belfast wurde von den meisten für einen verspäteten Mittagsschlaf genutzt. Aufgrund des Regens verpassten sie dadurch auch nichts.
In Belfast angekommen fuhren wir in den Stadtkern, um die großzügige Liegezeit der Eclipse noch mit einem Besuch in einem Pub auszunutzen. Auf Bummeln hatten wir bei diesem Wetter keine rechte Lust. Daher fuhr ich ein wenig um den Block, bis wir ein Pub fanden und nicht weit davon entfernt auch ein Parkhaus.
Es war ein Glückstreffer! Um diese Uhrzeit trafen sich im „The Garrick“ die Mitarbeiter aus den umliegenden Firmen und Geschäften zum Feierabendbier. Es war voll, die Stimmung gesellig und wir die einzigen Touristen.
Guinness waren schnell bestellt und für das leibliche Wohl wurde auch gesorgt. Auf großen Platten wurden Chicken Wings und kleine Würstchen herumgereicht. Es dauerte nicht lange, dass wir von den Stammgästen angesprochen wurden und sich nette Gespräche ergaben. Auch Hildegard, die sich ein wenig abseits auf ihren Rollator gesetzt hatte, hatte einen Freund gefunden. Ein jungen Mann unterhielt sich mit ihr und lies es sich nicht nehmen, dabei seine Übersetzungs-App zu benutzen. Es war richtig schön.
Ich nutzte die Zeit noch dazu, einige Bilder der Umgebung zu machen, denn die Einkaufsgallerie Victoria Square, der Arthur Square mit der Skulptur „Spirit of Belfast“ und das schöne alte Gebäude des Rathauses befanden sich alle in direkter Nähe des Pubs.
Während wir zu unserem Mietwagen zurückliefen, waren wir uns einig, dass der Besuch in diesem Pub in gewisser Weise ein gebührender und schöner Abschluss der Kreuzfahrt war. Speziell Wolfgang, der eigentlich einer Kreuzfahrt eher skeptisch gegenüber gestanden hatte, war begeistert. So ein Erlebnis hatte er auf einer Kreuzfahrt einfach nicht erwartet.
Bei der Rückfahrt ins Hafengebiet waren wir um die Navi-App dankbar, in der ich am Morgen den Ausgangspunkt gespeichert hatte. Andere Gäste berichteten uns nämlich später, dass sich selbst ihr Taxifahrer bei der Suche nach dem Zugang zur richtigen Anlegestelle verfahren hatte.
Als wir den Parkplatz erreichten, stand keine 5 m neben der Gangway ein Enterprise-Mitarbeiter, der nur auf uns gewartet hatte. Er machte eine Runde um den Wagen, erkundigte sich, ob wir zufrieden waren und wünschte uns eine gute Weiterreise. Zufrieden waren wir: dieser Service war kaum zu toppen.
Wenig später verabschiedete sich die luxuriöse Kreuzfahrtyacht L´Austral von Ponant mit einem Hupkonzert von der Eclipse, die selbstverständlich in gewohnter Tradition antwortete.
Wie immer lief uns beim tiefen Ton der Hörner ein gerührter Schauer über den Rücken. Dieses Mal aber auch, weil es wohl der letzte dieser Art auf dieser Kreuzfahrt sein sollte.
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