Teil 9 - Punta Arenas, Chile, Skua Glacier, Chilenische Fjorde
10. März 2015 – Punta Arenas, Chile
Auch auf diesen Tag hatten wir uns besonders gefreut. Wir hatten einen Ausflug nach Magdalena Island gebucht, um eine der größten Pinguinkolonien zu besuchen– unser Tag zur intensiven Beobachtung der kleinen Frackträger. Trotz des hohen Preises hatten wir diese Tour über Celebrity gebucht, da zur Insel eine längere Bootsfahrt notwendig ist und da wir bereits gehört hatten, dass die Wetterverhältnisse beim Tenderhafen Punta Arenas recht wechselhaft sein können.
Beim Frühstück wurden wir zunächst mit einem weiteren Kunstwerk der Natur begrüßt.
Der Himmel war zwar größtenteils blau, aber es war schon jetzt so windig, dass wir nicht draußen frühstücken konnten. Während wir uns im Innenbreich des Ocean Views für den Tag stärkten, kam eine Durchsage unseres Kapitäns, der uns mitteilte, dass wir bei Windstärken um 40 Knoten in Punta Arenas nicht tendern könnten. Dennoch würden wir Punta Arenas erst einmal anlaufen und, obwohl die Vorhersagen nicht positiv waren, erst einmal eine Stunde abwarten, wie sich die Situation entwickeln würde.
Vor Punta Arenas drehte der Kapitän das Schiff in den Wind und wir warteten…
Das Wetter an sich war schön, es war jedoch nach wie vor sehr stürmisch. Um ein Foto zu machen, ging ich auf das obere Deck und war dort der ganzen Kraft der Natur ausgesetzt. Ich bin weder klein noch schmächtig – aber ich hatte Probleme, mich auf den Beinen zu halten und gegen den Wind anzulaufen. Spätestens jetzt verstand ich, dass Tendern am heutigen Tage eher eine utopische Vorstellung war.
Selbst auf dem abgeschotteten Pooldeck heulte der Wind und die Scheiben und Fenster an den Seiten vibrierten durch die vorbeiströmende Luft. Man achte bei dem folgenden Video besonders auf den Sound:
Kurz darauf kam auch die Durchsage, dass der Hafen von Punta Arenas von den Behörden komplett gesperrt wurde und unser Tag hier, und damit leider auch unser Date mit den Pinguinen, ausfallen würde. Es war zwar traurig, aber angesichts der Windverhältnisse völlig verständlich.
Beeindruckend war die interne Maschinerie, die unbemerkt von den Gästen auf dem Schiff anlief. Das eigentlich auf einen Landtag eingestellte Tagesprogramm wurde komplett auf einen Seetag umgemünzt. Shows und Events wurden organisiert, Bands an die unterschiedlichen Orte verteilt usw. Auf die Kabinen wurde ein Anschreiben unseres Kapitäns Nikolaos Frantzis verteilt, in dem er die Situation noch einmal darlegte und er und die Crew sich für die Entwicklung entschuldigten. Auf der Rückseite des Schreibens war ein komplett neues Tagesprogramm zu finden. Vor der schnellen und reibungslosen Organisation konnte man nur seinen Hut ziehen.
Kapitän Nikolaos hatte in diesem Schreiben auch ein Trostpflaster als Überraschung für uns… darüber jedoch später mehr.
Wie viele andere nutzte ich die Zeit, um es mir in der Constellation Lounge gemütlich zu machen. Tagsüber wurde dieser Bereich gerne und von vielen Passagieren genutzt. Von den gemütlichen Sitzmöbeln aus hatte man durch die großen Glasflächen immer einen schönen Blick nach draußen und fand sich dadurch irgendwie mit dem Meer verbunden. Zudem traf man hier immer mal Bekannte, mit denen man sich über den Tag und die Reise austauschen konnte, und dabei wurde man freundlich mit Drinks versorgt. Ich importierte und sortierte hier oft meine Fotos und Birgit las in ihren Büchern.
Nach den Informationen per Lautsprecher wurden die Anker gelichtet. Als die Infinity sich auf den neuen Kurs drehte und damit ihre ganze Länge dem Wind als Angriffsfläche bot, kam sie eine ganze Weile in eine ziemliche Schräglage. Wenn man in der Lounge stand, musste man sich richtig festhalten, bzw. bergauf klettern, um zu einem Stuhl zu gelangen. Aus den Lagerräumen hörte man es klirren und scheppern, dabei ging wohl einiges zu Bruch.
Man achte auf den geraden Horizont auf diesem Bild. So verharrte das Schiff einige Minuten.
Während einer späteren Veranstaltung wurde unser Kapitän auf diese Schräglage angesprochen und musste kopfschüttelnd schmunzeln. Er erklärte, dass man den Wind ja den ganzen Morgen beobachtet hatte und dabei dauerhaft 40 Knoten mit Böen bis 60 Knoten gemessen habe. Vor dem Abdrehen wurden entsprechend dieser Messungen Berechnungen angestellt und unter Berücksichtigung von Reserven Ballast umgepumpt. Dann fügte er hinzu, dass er und die Brückencrew in diesem Moment etwas völlig ungewöhnliches erlebt hätten. Im Augenblick des Abdrehens kletterte die Windgeschwindigkeit auf 60-80 Knoten, Werte, die den ganzen Morgen nicht erreicht wurden. Kaptain Frantzis ergänzte, dass das für das Schiff zwar keine Gefahr dargestellt habe – aber zugegeben ungemütlich war.
Um 13.15 Uhr fand nun im Theater ein Vortrag von MickeyLive statt, bei dem u. a. unser vorher genanntes „Trostpflaster“ erklärt wurde. Unterstützung fand Mickey dabei von einem der beiden chilenischen Lotsen, die dauerhaft an Bord waren. Der Lotse war sehr sympathisch und erklärte viel über die schwierigen Gewässer der chilenischen Fjorde und seine Tätigkeit. Dann drückten er und Mickey ihre Hochachtung gegenüber unseres Kapitäns Nikolaos Frantzis aus, der sich nach der Absage von Punta Arenas gleich mit beiden zusammengesetzt hätte, um nach einer attraktiven Alternative für die Passagiere zu suchen. Mickey betonte, dass Kapitän Frantzis sehr bedacht darauf wäre, den Gästen Neues und Außergewöhnliches zu bieten. Wir hätten somit richtig Glück, denn nach Konsultation der Lotsen hätte Kapitän Frantzis beschlossen, den ursprünglichen Kurs weit zu verlassen und mit uns an den Amalia / Skua Gletscher im Bernardo O`Higgins Nationalpark zu fahren. Mickey und der Lotse zeigen sich darüber aufrichtig begeistert, da dieser Gletscher ansonsten nur von kleinen Expeditionsschiffen angefahren würde. Augenzwinkernd fügte Mickey, der bereits die gesamte Saison auf dem Schiff war, hinzu, dass dies auch für ihn etwas Besonderes sei und er es Punta Arenas deutlich vorziehen würde.
Am Nachmittag ging ich wieder in die Lounge und unterhielt mich dort ein wenig mit Jelena, der Frau von MickeyLive. die ihren Mann bei seiner Tätigkeit an Bord unterstützt. Das Gespräch war sehr interessant. Jelena, die vorher selbst bei Reedereien (z. B. Carnival) als Crewausbilderin gearbeitet hatte, konnte mir einige Backgroundinfos geben. Z. B. bestätige auch sie mir, dass die Trinkgelder, zumindest bei Royal Caribbean, Celebrity und auch Carnival, voll und ohne Abzüge an die Crew gehen. Über dieses Thema kamen wir auf die aktuelle Reise, die von sehr vielen Elite und Elite Plus-Mitgliedern als Back2Back oder sogar B2B2B gefahren wurde. Sie erzählte mir, dass diese Reisen bei der Crew gar nicht beliebt wären und erklärte mir auch den Grund, der bei mir fast die Zornesröte ins Gesicht trieb. Viele der B2B-Reisenden, und dabei viele der Top Level-Mitglieder, die sich in der Regel sehr viel auf ihren Status und ihr Geld einbilden, streichen bei der zweiten und auch dritten Tour die Trinkgelder – mit der haarsträubenden Begründung, sie hätten sie schon einmal bezahlt… als ob sie danach aussteigen und keinen Service mehr genießen würden. Ich hatte dafür keinerlei Verständnis und auch Jelena und Mickey, der sich mittlerweile dazu gesellt hatte, empfanden es äußerst schade und unfair der Crew gegenüber.
Wir wechselten das Thema und kamen über Reisen nach Alaska und über Social Media sowie Digital Storytelling (wobei ich erwähnte, dass ich gerne Reiseberichte schreibe) auf die Snapshot Rallye zu sprechen. Mickey sprach mich darauf an, dass er von mir noch kein Foto bekommen hätte. Ich sagte ihm, dass ich ihm nicht auch noch Bilder des Postamtes oder eines Seelöwen geben wollte, zeigte ihm aber das Bild des Fuchses, das ja wirklich eine Zufallsaufnahme war. Er forderte mich daraufhin auf, ihm doch mehr Bilder zu geben und ich gab ihm bzw. Jelena im Laufe der nächsten Tage einige Fotos, die ich als ungewöhnlich empfand und deshalb davon ausging, dass es Bilder waren, die er nicht bereits in vielfacher Form (und wahrscheinlich besser) schon hatte.
So ging der Tag recht schnell herum. Sicher waren wir ein wenig enttäuscht, neben dem Schnorcheln mit Seelöwen nun auch den Besuch bei den Pinguinen nicht erlebt zu haben, nahmen es aber gelassen.
Am Abend bekamen wir bei den Bordshops dann doch noch einige Pinguine zu sehen, wenn auch in einer etwas ungewöhnlichen Form und Farbe…
11. März 2015 – Amalia/Skua Gletscher
Birgit drehte sich im Bett noch einmal ungläubig um als ich um 6 Uhr aufstand, um zum „Sunrise Club“ zu gehen, den MickeyLive kurzfristig ins Leben gerufen hatte. In der Constellation Lounge trafen sich ein paar ganz verrückte Frühaufsteher, um die Einfahrt in den Fjord des Gletschers beim Sonnenaufgang zu erleben. Auch dabei ergaben sich interessante Unterhaltungen und Gespräche über alles Mögliche, während sich draußen die Steilhänge von Esperanza Island und Hanover Island anfangs nur als schwarze Schatten an Steuerbord und Backbord abzeichneten und später die Gebirge und Schluchten des Bernardo O´Higgins National Park in der Morgendämmerung sichtbar wurden.
Später weckte ich Birgit und wir zelebrierten erst einmal wie üblich gemütlich unser Frühstück im Ocean View Cafe.
Um ca. 9 Uhr erreichten wir den Gletscher. Durch Wolkenlücken schienen Sonnenstrahlen auf die Oberfläche des Gletschers und zeichneten sich wie Finger ab, die wirkten, als ob sie die im Licht funkelnden Eismassen ertasten wollten.
Der vor uns in der Bucht liegende Amalia-, auch Skua-Gletscher genannte Gletscher entspringt dem Südpatagonischen Eisfeld und erreicht eine Länge von 21 km, bevor er hier als Gezeitengletscher im Wasser mündet. Auch er erleidet leider das gleiche Schicksal wie seine Artgenossen und nimmt mit steigender Geschwindigkeit ständig ab. Alleine zwischen 1945 und 1986 wurde ein Rückgang des Gletschers von 7 km verzeichnet. MickeyLive wies bei seinen Erklärungen auch darauf hin und fügte folgerichtig hinzu, dass wir das Glück hätten, diesen Gletscher überhaupt noch zu sehen.
Nicht nur deshalb genossen wir den Anblick des Eisriesen vor uns, der mit jedem sich ändernden Einfall des Sonnenlichtes ein anderes Bild bot. Die strahlend weißen, schneebedeckten Berggipfel und die facettierte, blau leuchtende, schroffe Eiskante bildeten dabei wunderschöne Kontraste.
Noch intensiver als wir konnten das die Passagiere des Expeditionsschiffs Skorpios III genießen, die mit einem Zodiac an Land gebracht wurden und am Fuße des Gletschers als verschwindend kleine Punkte zu erkennen waren. Mit der Skorpios III werden Dreitagesfahrten ab Puerto Natales angeboten.
Wie vor dem Leuchtturm am Kap Hoorn drehte unser Kapitän das Schiff hier langsam um 360° auf der Stelle, so dass jeder an Bord einen guten Blick auf den Gletscher bekommen konnte. Dann setzten wir die Fahrt fort in Richtung Puerto Montt und auf die ursprüngliche Route.
Die rote Linie zeigt hier den ursprünglich geplanten Kurs, die magentafarbene und gelbe Linie den tatsächlich gefahrene Strecke. Die Brückencrew hat hier wirklich viel getan, um uns Passagiere für den ausgefallenen Tag in Punta Arenas zu entschädigen. Wieder einmal: Hut ab!
Am frühen Abend fand in der Constellation Lounge der Empfang für die Top-Tier-Mitglieder des Captain-Clubs statt. Für gewöhnlich besuchen wir den Empfang nicht mehr. Wir waren jedoch mit Passagieren verabredet, mit denen zusammen wir für Puerto Montt eine Tour gebucht hatten. Die Anzahl von Mitgliedern der höheren Level war so groß, dass der Empfang in zwei Etappen durchgeführt werden musste.
An den Panoramascheiben sahen wir die schöne Landschaft der Magellanstraße und der chilenischen Fjorde an uns vorüberziehen. Dieser Teil erinnerte uns sehr stark an unsere Reise durch die Fjorde Norwegens. Sattgrün bewachsene Felsen mit kleinen Bächen, die teilweise als Wasserfälle ins Meer flossen – diese Landschaft hat uns schon im hohen Norden sehr gut gefallen.
Zum Essen im Blu hatten wir uns mit einem sehr liebenswürdigen Paar aus Kanada verabredet, mit dem wir schon vorher häufiger zusammen gesessen und gegessen hatten. Wir hatten immer sehr viel Spaß miteinander und mehr als nur einmal Tränen in den Augen vor Lachen.
Auch am heutigen Abend war das Essen wieder hervorragend. Alle vier waren wir erneut vom grandiosen Service unseres Kellners Agus begeistert, der mit gewitztem Scharm unsere Speisen empfahl und servierte.
Gemeinsam mit unseren beiden Tischgenossen hatten wir ein paar Tage zuvor zur Abwechslung das Hauptrestaurant besucht. Auch dort war der Service und das Essen gut, wirkte aber deutlich gehetzter und war vor allem viel lauter als im Blu, wo nie Hektik aufkam und die Geräuschkulisse immer in einem erträglichen Rahmen war.
Die Geräuschkulisse sollte sich an dem Abend noch stark ändern. In der Constellation Lounge stand „Dancing with the Officers“ auf dem Programm. Der Tanzwettbewerb führte durch viel Einsatz und Witz zu grölendem Publikum und lautem Lachen. Besonders unser junger Staff-Captain Mathew legte sich mit vollem Körpereinsatz ins Zeug. Er sah danach aus wie geduscht.
12. März 2015 – Chilenische Fjorde
Leider war das Wetter an diesem Tage regnerisch und trüb, so dass wir in manchen Abschnitten der Fjorde durch den dichten Vorhang aus Regen nicht einmal mehr die Wände des Kanals ausmachen konnten – mit anderen Worten: ein perfekter Tag um sich einfach treiben zu lassen. Fitness, Sauna, Apple-Kurs, in der Lounge gemütlich Bilder sortieren… und natürlich das Schiff ablichten.
Die Infinity wirkt, ähnlich wie die Constellation, nicht ganz so modern wie die Solstice-Klasse. Durch verschiedene „Solsticizing“-Maßnahmen wurde jedoch eine für uns sehr gelungene Mischung aus Gemütlichkeit mit modernem Touch erreicht. Wie auf der Solstice-Klasse auch, findet man überall ein ruhiges Plätzchen und auch an Seetagen wirkte die Infinity nie überfüllt. Das ist für uns ein wichtiger Punkt. Kurzum - wir fühlten uns hier an Bord sehr wohl.
In manchen Berichten auf CruiseCritic wurde erwähnt, man würde dem Schiff das Alter anmerken. Das können wir in keiner Weise bestätigen. Aber genug der Worte - bildet Euch selbst ein Urteil anhand der Schiffsbilder…
Cellar Masters Bar
Durchgang zum Bistro on Five mit gemütlichen Sitzmöbeln
Bistro on Five Crepe Restaurant
Centrum mit beleuchteter Treppe
Kunst im Bereich des Centrum
Ausflugs-Desk
Rendezvous Lounge
SS United States Specialty Restaurant
Gelateria / Cafe al Bacio
Emporium Shops
Future Cruise Sales Office – auch Suchtberatungsstelle genannt
Celebrity Innovations (Apple Store)
Fitness Center
Spa Bereich
Constellation Lounge
Main Dining Room
Blu Restaurant
Im Ocean View Cafe wurde am späten Nachmittag immer Sushi angeboten, welches von einem Koch hinter der Theke frisch zubereitet wurde.
Mittlerweile hatte auch das Wetter wieder aufgeklart, so dass wir von unserem Balkon aus doch noch ein wenig von den chilenischen Fjorden zu Gesicht bekamen.
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